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Tauziehen ist mehr als ein simples Kräftemessen

Kurz bevor es ans Tau geht, werden die Männer unruhig. Einer ruft nach Harz, um das dicke Seil gut greifen zu können. Schweiß steht den Männern im Gesicht. Wasser tropft von den durchnässten Kappen.

Trainer Thomas Hug feuert seine Mannschaft an: «Geht nicht ins Kreuz, sonst wird's nichts! Bleibt einfach stehen, wir können das!». Der Schiedsrichter gibt ein Kommando, 16 Hacken werden in den trockenen, staubigen Boden gedroschen. Hug kniet am Seil, schaut sich immer wieder zum Gegner um, schreit Kommandos.

Hug ist Tauzieher der ersten Stunde in Horben bei Freiburg. 1985 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Tauziehclubs Feuerstein Horben (TCH). Heute trainiert der 56-Jährige die Mannschaft, in deren Kader auch einer seiner Söhne ist. Tauziehen ist ein Sport, der es in sich hat, wie Hug sagt: «Der ganze Körper vom Halsbereich bis runter zu den großen Zehen ist beansprucht während dieses Ziehens.»

Nicht nur simples Kräftemessen

Dass es beim Tauziehen nicht um ein simples Kräftemessen geht, wurde vor ein paar Wochen deutlich, als die Landesliga in Horben Station machte. Wenn der Befehl «Seil auf!» ertönt, nehmen die Mannschaften das Tau auf - auf jeder Seite acht Leute. Vier Meter links und rechts von der Seilmitte sind Markierungen angebracht. Ziel ist es, den gegnerischen Marker über die Bodenmittellinie zu ziehen. Auf gerade Körperhaltung komme es an, sagt Hug. Und die Mannschaft muss synchron ziehen. Klingt leicht. Das müsse aber immer wieder trainiert werden.

Beim Befehl «Spannen!» schlagen die Tauzieher den Absatz ihrer Schuhe in den Boden. Nur einmal, sonst droht eine Verwarnung - und nach drei Regelverstößen die Disqualifikation. «Du musst dich auf den Punkt konzentrieren und fokussieren und jeden Muskel deines Körpers aufs Ganze setzen», sagt Hug. Von außen beobachtet könne man denken, das mache Knie und Kreuz kaputt. Aber richtig ausgeführt sei die einzige Folge ein Muskelkater. Einer, der es in sich hat: «Ein geiler, schöner Schmerz. Da weiß man, dass man was g'macht hätt'.»

Rund 600 bis 700 aktive Tauzieher und Tauzieherinnen gibt es laut dem Deutschen Rasenkraftsport- und Tauziehverband (DRTV) bundesweit, ein Großteil davon im Süden. Auch der Verband selbst hat seinen Sitz in Bitz (Zollernalbkreis). Der Sport sei aus der Schweiz nach Südbaden geschwappt, erklärt DRTV-Sportdirektor Axel Herre das. Zwar gebe es auch im Norden mal ab und zu ein paar Hobbyturniere. «Aber das Tauziehen ist in Baden-Württemberg und Bayern zu Hause.»

Eine der ältesten Sportarten überhaupt

Tauziehen gilt nach Angaben des Vereins zur Förderung ehemaliger olympischer Sportarten, Retrolympics, als eine der ältesten Sportarten überhaupt. Schon aus dem alten Ägypten seien Wandmalereien bekannt, auf denen Knabenmannschaften an einem Tau ziehen.

Von 1900 bis 1920 war Tauziehen sogar olympisch. Deutschland trat nur einmal an: bei den Olympischen Zwischenspielen in Athen 1906 - und holte prompt Gold. Im Kader waren laut Retrolympics Leichtathleten, Turner, Gewichtheber und ein Ringer, die quasi nebenbei am Tau zogen und erst auf der Überfahrt mit dem Training begannen. Sie hätten das als unschlagbar geltende Team griechischer Matrosen und Hafenarbeiter bezwungen. Der Sieg sei damals zu einem nationalen Ereignis geworden, berichtet Werner Lehmann von dem Verein.

1920 dann trennte sich der Internationale Leichtathletik-Verband vom Tauziehen, wie der Deutsche Olympische Sportbund unter Berufung auf DRTV-Ehrenpräsident Gunter Fahrion und die Internationale Tauziehföderation erläutert. Nach dem Ersten Weltkrieg und einer Weltwirtschaftskrise sollte die Zahl der Wettkämpfe und der Sportler reduziert werden, um Ausrichter zu finden.

2024 Weltmeisterschaft in Mannheim

Heute - mit den modernen Regeln und unterschiedlichen Gewichtsklassen - ist Tauziehen Teil der World Games für Sportarten, die nicht zum Wettkampf-Programm der Olympischen Spiele gehören. Vor wenigen Wochen in den USA gewann das deutsche Mixed-Team dabei die Silbermedaille. 2024 ist die Weltmeisterschaft in Mannheim geplant. Ansonsten werden Turniere hierzulande auf nationaler oder Landesebene ausgetragen.

Um beim Tauziehen zu bestehen, seien Kraft in Oberschenkeln, im Rumpf und Oberkörper gefragt, sagt Hug vom TC Horben. «Es reicht nicht, dass man nur am Seil zieht.» Auch unter der Woche müsse man was tun.

Das gilt auch für eine Diät. Eine große Hürde seien die Gewichtsbegrenzungen bei den Turnieren, erklärt Hug. Bislang seien die Herren in der Klasse bis 640 Kilogramm angetreten, also im Schnitt 80 Kilogramm pro Kopf. Jetzt - auch nach Corona - wurde das Gewichtsmaximum in der Tauzieh-Liga auf 680 Kilo angehoben.

Sechs bis acht Wochen vor der Saison sei das Team meist noch 20, 30 Kilo drüber, sagt Hug. «Und dann gehen die Jungs ran und hungern sich runter. Anfangs war das relativ einfach, wo sie 18, 19, 20 waren. Jetzt wird's ein bisschen schwieriger.»

Ein paar Stunden vor dem Turnier wird gewogen. Und danach gegessen und getrunken. Aber nicht das Falsche, mahnt Hug. Und nicht zu viel, damit der Körper nicht alle Energie für die Verdauung braucht. Beim TCH servieren sie Spaghetti Bolognese. «Das finden sie alle gut.»


Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten / Bild: Philipp von Ditfurth/dpa
(08.08.2022)


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